Cristallo – Geht’s individueller?

Die Geschichte der Cristallo GmbH war immer eng an das Kernthema Glas und die Bedürfnisse der Kunden gekoppelt. Im Jahr 1980 wurde mit der Glasproduktion in der damaligen Wratschko GmbH begonnen. In den Anfangsjahren wurde ein überschaubares Sortiment, das auf die Nachfrage der Region zugeschnitten war, zusammengestellt und angeboten. Die Produktpalette umfasste damals Glasflaschen in verschiedenen Varianten für den Weinbau und Lebensmittelproduktionen wie Ölmühlen oder auch Spirituosenerzeuger. 1995 wurde die Cristallo Trinkglasserie auf den Markt gebracht. Der Plan war es, für jeden Wein ein eigenes Glas zu schaffen, das den Qualitätsansprüche gewachsen ist. „Gemeinsam mit Riedel konnte Cristallo damals die Branche revolutionieren und hat somit auch Anteil an der Glaskultur in Österreich“ zeigt sich Arnold Wratschko stolz.

Im Jahr 2002 wurde mit der Individualisierung und Personalisierung von Flaschen begonnen. Schon damals war es das Ziel, aus dem Massenmarkt hervorzustechen und alternative Konzepte anzubieten. „Die Betriebsgröße ermöglichte es auch, schneller und flexibler als die Konkurrenz zu sein“ erklärt Arnold Wratschko. 2007 wurde das neue Bürogebäude in Gamlitz fertig gestellt. Darin befinden sich neben Büros auch ein Shop für Endverbraucher und ein Schauraum, in dem Flaschen und Gläser ausgestellt sind. Die Möglichkeit, Muster von bereits durchgeführten Projekten im Schauraum zu besichtigen, ist vor allem für zukünftige Kunden wichtig, um diesen Ideen zu geben, was alles umsetzbar ist.

Ein weiteres Element der Produktpalette sind Ölflaschen. So stammen z.B. die Flaschen für bekannte Marken wie Fandler und Kiendler aus dem Hause Cristallo. Für Ölflaschen werden auch spezielle, patentierte Verschlüsse mit Ausgießersystem entwickelt. Bei Spirituosen oder Öl erfolgen Veränderungen im Design schneller und mit der Flaschenform wird kreativer umgegangen. Zudem gibt es in diesem Bereich auch den größten Veredelungsanteil in Form von Lackierungen oder Heißfolienprägungen. Als Beispiel nannte Arnold Wratschko das Start-Up-Unternehmen Windspiel, das Gin produziert. Eine Flasche dieses Gins kostet rund 60 Euro. Im ersten Jahr wurde eine Erstbestellung im Umfang von 3000 Flaschen in Auftrag gegeben. Im zweiten Jahr werden bereits 60.000 Flaschen produziert.

Die Bier-Branche hat sich in den letzten Jahren zu einer der kreativsten Branchen entwickelt. Zu sehen ist dies vor allem in der Zunahme der Craft-Bier-Sorten, die sowohl von neu auf den Markt kommenden Start-Up-Unternehmen aber auch von etablierten Unternehmen entwickelt werden. Durch diese Entwicklung ist auch die Nachfrage nach individuellen Flaschendesigns gewachsen.

Branchensplit

Die am stärksten wachsenden Segmente sind aufgrund des größten kreativen Potenzials somit Spirituosen, Öl und Bier. Arnold Wratschko gestand auch ein, dass die Produktion von individuellen Glasflaschen einen gewissen Preis hat und daher nicht für jeden Produzenten geeignet ist. Aber vor allem im Spirituosen-Bereich werden höhere Verpackungskosten in Kauf genommen. „Wenn man bedenkt, dass eine Flasche einer Spirituose im Verkauf z.B. 50 bis 60 Euro kostet, sind Verpackungskosten pro Flasche von drei Euro durchaus üblich. Die Auftraggeber sind in diesen Preissegmenten auch weniger preissensibel und investieren in die individuelle Flaschengestaltung. Der Anspruch der Kunden ist es schließlich, sich nicht nur durch das Produkt, sondern auch durch ein Unikat in der Verpackung von der Konkurrenz abzuheben.“, so der Referent.

Neben Flaschen werden auch Trinkgläser produziert. Diese werden einerseits über Händler wie Metro an Winzer verkauft. Bei entsprechenden Mengen erfolgt der Verkauf auch direkt an Winzer. Im B2C-Bereich werden im Shop in Gamlitz aber auch über den Online-Shop die Produkte an die Endkunden verkauft. Dazu zählen Gläser aller Art, Karaffen und Dekanter. Im Produktsegment Trinkgläser ist das jüngste Produkt von Cristallo die Serie „Noblesse“. Diese Trinkglasserie wurde vor sechs Jahren am Markt eingeführt. „Das besondere an diesen Gläsern ist, dass es sich um das erste maschinell hergestellt Glas in einer eckigen Form handelt, das die Duftnoten des Weins noch mehr komprimiert als herkömmliche runde Gläser. Außerdem wird der Stil nicht an das Glas geklebt, sondern aus dem Kelch herausgezogen. Dies führt zu einem Mehrwert bezüglich Design und Dünnstiligkeit und erhöht die Bruchfestigkeit des Glases.“, erläuterte Arnold Wratschko.

Als Arnold Wratschko jun. im Jahr 2014 den Familienbetrieb übernahm, war es notwendig, das Unternehmen neu zu positionieren und eine neue Strategie zu entwickeln, um auf dem Markt erfolgreich zu bleiben. Vor dem Hintergrund, das Kosten steigen, aber Preise gehalten werden müssen, gab es bei Cristallo – wie mittlerweile auch bei vielen anderen Unternehmen – ein Umdenken weg vom Umsatz hin zum Ertragsdenken.

Produkt-/Portfolio Strategie

Um eine zukunftsträchtige Markenstrategie zu entwickeln, wurde die Zusammenarbeit mit Hartinger Consulting intensiviert. Beide Unternehmen haben einiges gemeinsam: Nicht nur, dass es sich dabei um Familienbetriebe handelt – Hartinger in der zweiten Generation, Cristallo bereits in der dritten Generation – beide Unternehmen sind tief in der Südsteiermark verwurzelt und schaffen es von dort – über den „regionalen Tellerrand“ hinweg – erfolgreich zu sein. Hartinger Consulting versteht sich dabei als Generalunternehmer für seine Kunden, der die richtigen Partner – also Expertenteams – im richtigen Moment in das jeweilige Projekt einbindet und so ein Netzwerk aufbaut.

Im Rahmen der Strategieentwicklung des gemeinsamen Projekts war der Ausgangspunkt die Definition des Alleinstellungsmerkmals der Cristallo GmbH. Das Unternehmen ist in einem sehr kompetitiven Umfeld tätig. Die Mitbewerber sind große Glashütten, gegen die sich Cristallo Glas durchsetzen muss und das nicht über die Masse. Susanne Hartinger vergleicht es mit dem Kampf Davids gegen Goliath. Das Besondere an Cristallo ist aber, dass sich das Unternehmen durch individuelle Lösungen für jede Anforderung auch in kleinen Stückzahlen von den Mitbewerbern abheben kann. Für besondere Produkte können besondere Verpackungen geliefert werden, damit die Produkte der Kunden aus der Masse hervorstechen und diese nicht nur ein Produkt unter vielen anbieten. Die Cristallo GmbH kann zudem als Ideengeber für Unternehmen tätig sein. Die Kernbotschaft ist, dass Cristallo der erste Ansprechpartner sein soll, wenn es um spezielle Designlösungen für Flaschen geht. Cristallo kann sich also durch Know-How-Produkte vom Massenmarkt abheben und will Individualität statt Rabatte anbieten. Daher war schnell klar, dass sich das Unternehmen weg vom „Nur-Händler-Sein“ hin in eine Nische entwickeln muss, die als Startrampe auch für das „Händler-Sein“ dienen soll. Der Handel mit der „normalen“ Flasche und den Gläsern soll nach wie vor stattfinden, aber als Zusatzdienstleistung wird die Produktion von individuellen Lösungen angeboten. „Kleine Stückzahlen gepaart mit Flexibilität und Innovation sprechen für die Individualität, die Cristallo ausmacht“ fasst Frau Hartinger die neue Positionierung zusammen.

Im Rahmen der Kommunikation war es das Ziel, die Wahrnehmung potenzieller Kunden zu ändern: Weg von der Wahrnehmung, Cristallo Glas als Händler von Glasverpackungen hin zur Wahrnehmung von Cristallo Glas als Gestalter, Partner und Berater und somit Experte, wenn es um Glasverpackungen geht.

Der erste Schritt dazu war die Neugestaltung des digitalen Auftritts. Es reichte allerdings nicht, nur das Design der Website zu verbessern. Um neue Kunden und neue Märkte anzusprechen, war es notwendig, dass diese das Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen auch online finden. Deswegen wurde die Sichtweise umgedreht. Susanne Hartinger erklärte die neue Strategie als das Weg von „Das sind wir. Das können wir.“ hin zu „Was habt ihr. Was braucht ihr. Wo können wir euch helfen.“. Um dies zu erreichen und in weiterer Folge um einen starken Markenwert aufzubauen, wurde ein Lead-Produkt – „Cristallo Unico“ – entwickelt. Susanne Hartinger vergleicht die Funktion dieses Lead-Produkts mit der Funktion, die der iPod oder das iPhone bei Apple hat: „Diese Produkte tragen die ganze Marke weiter nach oben.“

Kommunikations-Mix

Im Rahmen von Cristallo Unico erfolgt der Designprozesses in sieben Schritten. Der Kunde kann z.B. eine bereits von Cristallo designte Flasche aus dem bestehenden Basissortiment wählen und diese durch eine Vielzahl an Veredelungsmethoden zu einem Unikat machen. Dem Wunsch nach Individualität dienen dabei Direktdruck, Embossing – dabei werden ein Schriftzug, ein Logo oder andere grafische Elemente als Reliefs direkt auf die Glasflasche geprägt – Lackieren oder 3-D-Druck. Ausgehend von der Vorstellung und den Anforderung der Kunden können aber auch eigene Flaschenformen geformt werden. In diesem Fall können die Kunden auch ein eigenes Design wählen. Dabei entstehen allerdings Investitionskosten für einen neuen Formensatz und eine Mindestabnahmemenge muss geordert werden. Auch Verschlüsse werden eigens entwickelt und können ab einer Bestellmenge von 1000 Stück gefertigt werden.

Da besonders für junge Unternehmen die Abnahmepflicht hoher Stückzahlen oft eine unüberwindbare Hürde darstellt, ist Cristallo gerade für kleine Start-Up-Unternehmen, die in Zukunft unter Umständen größere Mengen in Auftrag geben werden, der richtige Ansprechpartner. Die Umsetzung dieser „kleineren Projekte“ ist dadurch möglich, dass auf einer Maschine bis zu sechs verschiedene Produkte mit einem annähernd gleichen Gewicht erzeugt werden können. Diese werden dann durch Laser getrennt und separat auf Paletten verpackt. Die Minimum-Bestellmenge liegt bei 10.000 Stück. Die Bestellmenge für Dekoration beginnt bei einer Palette. Diese überschaubaren Stückzahlen sind auch ideal für Unternehmen, die Testprojekte durchführen oder limitierte Editionen herausgeben wollen.

Die Geschichte der Produkt bzw. der Kunden wird erzählt

Im Rahmen der Umsetzung der neuen Strategie der veränderten Sichtweise, wird die Geschichte von erfolgreichen Produkten und Produzenten erzählt. Diese wurden im Internet bespielt und die Produkte wurden in all ihren Facetten dargestellt. Es wurde gezeigt, was das Besondere am Produzenten und an seinem Produkt ist, weshalb dieses Produkt in eine besondere Verpackung gehört und vor allem, warum Cristallo der richtige Partner für die Umsetzung ist. Durch diese Referenzen soll der potenzielle Kunde das Unternehmen als Experte wahrnehmen.

Damit potenzielle Kunden das Unternehmen auch im Internet finden, wurde vor allem über Suchmaschinenoptimierung gearbeitet. Das Ergebnis ist, dass mit mehr als 40 Keywörtern – darunter Begriffen wie Weinflasche, Flaschenverpackung, Weinflasche Großhandel, Spirituosen-Flasche – die Website bei einer Google-Suche immer unter den ersten zehn Treffern, also auf der ersten Seite, erscheint. Unmittelbar nach dem Launch der neuen Website zeigte sich der erste Erfolg: Der Sichtbarkeitsindex zeigte ein Plus von 1200 Prozent.

Die zweite Komponente bei der Konzeptionierung der neuen Webseite war neben der „Geschichtenerzähler-Plattform“ der Online-Shop, um die Produkte direkt zu verkaufen. Bei der Umsetzung der neuen Webseite war aus technischer Sicht wichtig, dass diese flexibel und skalierbar ist. Dies ist notwendig, um in Zukunft die Erfolgsgeschichten einfach um weitere Referenzen zu erweitern, das Produktangebot im Online-Shop jederzeit zu erhöhen, neue Sprachmodule einzufügen oder den Inhalt um weitere Themengebiete zu erweitern.

On- und Offline-Zusammenspiel

Nach der Entwicklung einer neuen Strategie ging es daran, weitere Komponenten wie z.B. das Corporate Design anzupassen. Im Logo wird beispielsweise passend an das Motto „Selbstgestalten“ eine „dynamische“ Zeichnung, die das Entstehen einer individuell formbaren Flasche zeigt, abgebildet. Auch die Farbenwelt war eine zentrale Komponente. So wird für jede Produktgruppe eine eigene Farbe verwendet. Diese Farbenwelt wird digital und auch in Printprodukten verwendet und stellt ein Leitsystem dar. Zudem wurde in die Information die Designsprache mit aufgenommen. Es wird mit Info-Grafiken gearbeitet, um die Information schnell und leicht verständlich zu transportieren. Neben der Website gibt es als digitale Information einen Newsletter. Außerdem wird Content über Animationen oder Videos transportiert und auch noch in anderen Kanälen wie z.B. YouTube verwendet.

Außerdem lebt das Projekt von der Fotografie. Besonders in Szene gesetzte Flaschen sollen potenzielle Kunden ansprechen. Die Bildersprache wird im Rahmen des Kommunikations-Mix auch offline weitergeführt. Es gibt beispielsweise postalische Mailings und die Folder, die die Marke tragen. Im Start-Mailing zur Einführung der neuen Marke Unico wurde wiederum die Geschichte aufgegriffen, dass das Produkt des Kunden etwas Besonderes ist und der Kunde diesem den richtigen Fokus geben soll. Und der WOW-Effekt soll über die Verpackung – also die Flasche – erzeugt werden.