Humanic: Zurück in die Zukunft

FRANZ IST ZURÜCK: DIE AUFERSTEHUNG DER KULTWERBUNG

334. Marketing Clubabend I 27.9.2021

Er hatte Popularitätswerte wie Superstars und Präsidenten und war Kult-Kunst im öffentlichen Raum der Werbung: 26 Jahre lang formte die Kooperation von Humanic mit Kreativen, Dichtern und Avantgardisten aus einem Vornamen und einem Victory-Zeichen den zeitlosen Inbegriff „Franz!“. „Franz“ und Humanic hatten die 70er-, 80er- und 90er-Jahre geprägt. 26 Jahre nach seinem Abgang kehrt „Franz“ zurück: genauso laut, bunt, schräg, einzigartig, verrückt und selbstbewusst wie zu seinen besten Zeiten.

Mag. Michael Rumerstorfer, Vorstand der Leder und Schuh AG, gab in seinem Vortrag spannende Einblicke in die Geschichte der Kultwerbung, deren Revival und auch in die Unternehmensstrategie sowie deren Umsetzung, um im Jubiläumsjahr 2022 weiterhin Marktführer im Premium-Schuh-Bereich zu sein. Moderiert wurde der Abend von Gerhard Kroell, Geschäftsführer der Madison Werbeagentur.  

Trendsetter seit 1872

Von den Anfängen als Schuhproduzent über die Positionierung als Händler und nun als Omni-Channel Retailing Experte und Innovator sind mittlerweile ganze Generationen ein Teil dieser Erfolgsgeschichte von Humanic. Das Unternehmen gilt seit 1872 als Trendsetter und diese Tradition verpflichtet, auch wenn 14 Monate Pandemie vieles verändert haben. Zu „normalen“ Zeiten besuchen durchschnittlich pro Monat 4,5 Millionen Menschen die 198 Geschäfte. Dieses Vertrauen sieht das Unternehmen als Auftrag, die Freude am emotionalen Einkaufserlebnis, bei dem analoge zwischenmenschliche Begegnung wertgeschätzt wird, hochzuhalten. Daher wird auch derzeit an einem neuen Store-Konzept gearbeitet, um noch besser und gezielter auf die Ansprüche der Zielgruppe und deren Wünsche einzugehen. Humanic-Vorstand Rumerstorfer versteht Nähe und Vertrautheit durchaus als Gegenentwurf zum anonymisierten Massenhandel der Internetgiganten Amazon, Zalando und Co. Grundlage dafür ist das österreichweite Filialnetz von HUMANIC mit 200 Stores, das allen Kunden ihre persönliche Lieblingsschuhboutique ganz in der Nähe bietet. Dort finden Kunden die neusten Schuhtrends, Inspiration und eine große Auswahl durch Kooperationen mit Markenpartnern. Unterstützt wird der Kunde durch die Beratung von Verkaufsmitarbeitern, die auch als Markenbotschafter fungieren sollen.

Das Comeback: Franz fürs Wir-Gefühl

Die Strategie, die Marktführerschaft im Premiumsegment zu festigen, baut auf mehreren Säulen. Dazu zählen die Profilierung über das Sortiment auch mit Eigenmarken, die Kundenorientierung der Mitarbeiter, Beratung und Services in Form des Kundenclubs und Serviceinnovationen wie den 3-D-Fußscanner und neue trendantizipierende Storekonzepte. In der Kommunikation setzt das Unternehmen auf eine impactstarke Kommunikation und so kam es, dass auch die Kultwerbung mit dem Protagonisten „Franz“, die vor mehr als vier Jahrzehnten die Kunden schon zum Staunen brachte, ein Revival erlebte.

Einer der Väter der Kultfigur war Horst Gerhard Haberl, Leiter der Humanic- Werbung. Der kunstsinnige Querdenker setzte damals auf Werbung, die auf den klassischen Stil verzichtete und stattdessen der Kunst öffentlichen Raum gab. So entstand eine DNA, die die Marke im Aufwind des 68er-Zeitgeists zum Inbegriff kreativer Kommunikation machen sollte. Durch Künstler wie H.C. Artmann, Wolfgang Bauer, Anselm Glück, Andreas Okopenko, Roland Goeschl, Richard Krieschke, Otto M. Zykan entstanden HUMANIC-Botschaften mit gesellschaftlicher Relevanz und Resonanz. Der Grafiker und Performancekünstler Karl Neubacher kreierte damals das ikonische Hand-Fuß-Logo als buntes Victory-Zeichen und Axel Corti schrieb mit dem 1971 entstandenen Ausruf „Franz!“ Werbe-Geschichte.

Bis zum Jahr 1995 folgten 70 kult-künstlerische TV-Spots und inspirierende Exponate visueller Gestaltung, die die Markenkommunikation von Humanic nachhaltig prägten. Das zeigt sich auch darin, dass bis heute der „Franz“-Bekanntheitsgrad von 98 Prozent unerreicht ist. Durch eine Neuausrichtung bei Humanic im Jahr 1995 verschwand „Franz“ von der Bildfläche, aber nicht aus den Köpfen der Kunden. Heute noch hat die Werbung von damals eine ungestützte Bekanntheit vor allem bei der älteren Generation von 13 Prozent, obwohl es „Franz“ seit 26 Jahren nicht mehr gibt.

Wie kam es nun zum Comeback von Franz? Nach einem Jahr im persönlichen und gesellschaftlichen Ausnahmezustand mit zahlreichen Bürden und Beschränkungen einer Pandemie, durchleben wir im Jahr 2021, das noch dazu durch den Retro-Trend bestimmt wird, nach wie vor keine normalen Zeiten. Das schreit nach Aufstehen und Aufbruch, nach Neubeginn und Weitergehen“, so Humanic-Vorstand Michael Rumerstorfer. „Wir alle brauchen Mutsignale, um aus dieser Situation gestärkt hervorzugehen. „Franz“ war, ist und bleibt unser Mutsignal – nach innen und außen. Und wann, wenn nicht jetzt ist ein Victory-Zeichen als Sinnbild für Optimismus und Fingerzeig der Hoffnung das richtige Signal? „Franz“ steht für die Kraft der Zuversicht“, sagt Michael Rumerstorfer.

Paradigmenwechsel: Vom Händler zur Community

Die ursprüngliche Marken-DNA wurde für die Ansprache der Hauptzielgruppe (weiblich, zwischen 20 und 60 Jahre alt, höheres Einkommen und höhere Bildung) im 21. Jahrhundert angepasst. Das Akronym Franz steht heute für Fashion, Revolutionär, Attitude, Number One und Zeitgeist. „Franz“ steht aber auch für den Wesenskern von HUMANIC: für Heritage, Haltung, Humor und die unermüdliche Begeisterung, sich selbst immer wieder neu zu erfinden, Trends zu setzen, statt ihnen zu folgen. Für den Relaunch hat ein Kreativteam das Vermächtnis von „Franz“ behutsam ins Hier und Jetzt transponiert, so dass der Eindruck erweckt wird, Franz wäre nie weg gewesen. Dazu wurde nach 26 Jahren ein „Best of“ seiner Werbespots „recycled“, denen im Mai diese Jahres Franz-Möbel als Eyecatcher-Installation in den Stores, eine „Tribute to Franz“-Textilkollektion mit Streetwear-Must Haves und eine große Kommunikationsoffensive und neue Franz-Spots auf allen Kanälen folgten. Wie damals lautete die Vorgabe, der Kunst einen öffentlichen Wirkraum in der Werbung und der Poesie eine Bühne zu geben. „Wir arbeiten mit einem Fadeover-Effekt aus den „Franz“-Kreationen von damals mit den Neu-Interpretationen von jetzt. Unsere Avantgardisten werden im 150. Jubiläumsjahr Menschen in sozialen Medien sein, die bestehendes Material remastern und – mit ganz wenig Briefing, wie in den 80ern – eigene Franz-Schöpfungen kreieren. Und weil die Zeit danach verlangt, werden wir auch zulassen, dass „Franz“ mit polarisierenden Botschaften einen gesellschaftlichen Diskurs zu wichtigen Themen anregt“, so Rumerstorfer.

Der „Franz“-Relaunch ist auch Ausdruck eines großen Paradigmenwechsels, den Humanic vollzieht. „Wir interpretieren uns nicht mehr nur als Händler, wir bilden eine Community. Unsere internen Teams, unsere externen Partner, unsere Kunden, alle sind Teil davon, alle sind miteinander vernetzt und alle tragen im Sinne aller zu einer positiven Entwicklung bei“, so der Vortragende. Der hohe Anspruch an die Kundenorientierung kumuliert im neuen Marken-Claim „Frag Franz.“ „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leben und teilen die Begeisterung für Schuhe mit unseren Kunden und sie haben die Antworten auf Fragen wie: „Welche Trends sind im Kommen? Welcher Stil steht mir? Welche Schuhmodelle haben für mich auf Basis der 3-D-Fußanalyse orthopädisch und anatomisch die perfekte Passform? Worauf muss ich bei der Schuhauswahl für meine Kinder und ihre Gesundheit achten? Was ist das optimale Pflegemittel für meine Lieblingsschuhe? Welche Fair-Brands haben den besten ökologischen Fußabdruck?“, so der Vortragende. „Diese Qualitäten – lokale Präsenz, umfassende Kompetenz, Ansprechbarkeit – haben einen hohen Wert, der den Menschen jetzt noch bewusster geworden ist“, beschreibt Rumerstorfer die Philosophie hinter dem Claim „Frag Franz.“ Er ist überzeugt, dass kein Algorithmus der Welt das gute Gefühl, beim Kauf so kompetent beraten worden zu sein, dass die Entscheidung bleibende Freude macht, ersetzt.

Zurück in die Zukunft

2022 feiert die rot-weiß-rote Premiummarke Humanic ihr 150jähriges Bestehen. Ein Ausblick auf die nächsten Jahre macht Rumerstorfer durchaus optimistisch, da er überzeugt ist, dass die Zahl Menschen, die sich im stationären Handel inspirieren lassen, noch gesteigert werden kann. „Wir sind davon überzeugt, dass die Freude am Einkaufen daraus resultiert, dass sie nie zur Alltäglichkeit wird – gerade bei unserem emotionalen Thema Fashion und Schuhe“, so Rumerstorfer. Besonders werde ein Einkaufserlebnis erst durch den persönlichen Mehrwert professioneller, exklusiver Beratung durch Experten. Auch hier bleibt sich das Unternehmen treu. Nach dem alten Grundsatz des Humanic-Erfolgs „Ästhetik entsteht nicht nur durch Auswahl, sondern auch durch Weglassen“ werden auch weiterhin die hauseigenen Fashion-Experten aus unüberschaubaren Mengen an Neuheiten die passenden Sortimente mit Stil für ihre Kunden zusammenstellen. Das kuratierte Angebot mit dem Besten an Vielfalt soll so Österreichs Premium-Schuhhändler in der Beratungskompetenz vom Mitbewerb unterscheiden und (noch) fitter für die Zunkuft machen.

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2021-09-30T11:27:25+00:00